Das ewige Schwert by Michael Moorcock

Das ewige Schwert by Michael Moorcock

Autor:Michael Moorcock
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Fantasy
veröffentlicht: 2010-12-28T23:00:00+00:00


Kapitel sechs

Innerhalb von Sekunden hatte die Rauchschlange eine dunkelrote Farbe angenommen. Ihr zweiter Kopf erreichte von Beks Gesicht und schnellte vor, wie sie es auch bei mir tat, wobei sie winzige, beinahe zierliche Happen aus meinem Fleisch biß. Ich wußte, sie würde in dieser Art fortfahren, bis mein Kopf nur noch als weißer Totenschädel auf meinen Schultern saß. Ich glaubte, ich schrie etwas, kann mich aber an die Worte nicht mehr erinnern. Es war entsetzlich, absehen zu können, wie langsam man sterben würde. Ich bewegte das Messer vor dem Kopf, in dem jetzt starre, purpurne Augen zu erkennen waren, hin und her, in der Hoffnung, das Geschöpf abzulenken. Aber es verfügte über eine seltsame Art von Geduld. Man gewann den Eindruck, daß es wartete, bis in meiner Verteidigung eine Lücke entstand, um dann sofort zuzustoßen. Und wieder brannte in meinem Gesicht eine neue Wunde. Ich erinnerte mich an die Narben im Gesicht eines Reisenden, den ich beim Großen Treffen gesehen hatte. Und auch, daß ich mich fragte, was ihn so zugerichtet haben mochte. Dann schrie ich wieder auf. Wenigstens dachte ich, war es möglich, der Rauchschlange zu entkommen. Jenem Mann war es gelungen, wenn es ihn auch ein Auge und sein halbes Gesicht gekostet hatte.

Auch von Bek schrie. Es lag eine grauenhafte Unausweichlichkeit in den Angriffen des Tieres. Unsere Arme ermüdeten, während es durch unser Blut immer deutlicher sichtbar wurde. Im übrigen wartete es ab, umklammerte unsere Gliedmaßen, und stieß ab und zu jenes scheußliche metallische Zischen aus.

Besonders entsetzte mich, daß das Geschöpf gar nicht mehr zornig wirkte. Soweit ich das beurteilen konnte, handelte es sich bei ihm um eine recht primitive Lebensform. Es reagierte nur, wenn es sich angegriffen glaubte. Hatte es irgend etwas in seinen Schlingen gefangen, wurde dieses Etwas gekostet. Schmeckte es gut, wurde es verzehrt. Die Rauchschlange erinnerte sich vermutlich längst nicht mehr an den ursprünglichen Grund für ihren Angriff auf von Bek. Sie hatte keinen Grund zur Eile. Sie konnte in aller Ruhe ihre Mahlzeit einnehmen.

Wieder versuchte ich, den zahnbewehrten Rachen mit dem Dolch zu treffen. Aller Logik entsprechend, mußte ein Geschöpf, das in der Lage war, solche Wunden zu verursachen, auch Wunden empfangen können. Aber dem war nicht so. Mein Dolch, mit verzweifelter Entschlossenheit geführt, fand nur kaum merklichen Widerstand, und für einen Moment umgab ein feiner, rosafarbener Staub den Kopf des Wesens wie einen Heiligenschein, bevor er wieder von dem Leib aufgesogen wurde.

All das war natürlich eine Angelegenheit von Sekunden.

In der Zwischenzeit fuhr Alisaard fort zu fluchen und zu schreien. Sehen konnte ich sie jetzt gar nicht mehr, hörte nur, wie im Hintergrund meines Bewußtseins, das Klappern ihrer Rüstung und das tierähnliche Grunzen und Heulen, das ihre offenbar vergeblichen Bemühungen begleitete.

Von Beks Gesicht sah aus, als hätte er blutige Tränen geweint. Rote Streifen zeichneten seine Wangen. Teile seines linken Ohres fehlten. Ein blutig geschwollener Biß saß mitten in seiner Stirn. Sein Atem ging hastig und schluchzend. Seine Augen verrieten nicht so sehr Angst vor dem Tod, sondern Entsetzen über die Sinnlosigkeit und Art seines Sterbens.



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